Traditionell beginnt an dem Tag, an dem Tag und Nacht jeweils genau zwölf Stunden haben, der Frühling respektive der Herbst. Da wir auf der Nordhalbkugel uns jetzt, in der zweiten Jahreshälfte, Richtung kalte Jahreszeit bewegen, soll der folgende Beitrag sich um den Herbst drehen.*
Susanne Heinen ist Diplom-Textildesignerin, Künstlerin und Assistant Counselor für Kunst- und Gestaltungstherapie. Sie hat ebenfalls zur Blogparade aufgerufen, und ich folge diesem Aufruf sehr gerne, denn der Herbst hat für mich seinen ganz eigenen Zauber.
Herbstspruch-Bingo
Welche Klischees und abgedroschenen Sätze hört man doch allerorten!
Herbstspaziergänge sind so schön!
Endlich schwitzt man nicht mehr so.
All die bunten Bäume sind einfach traumhaft!
Ich nutze den Herbst zum Lesen, Tee trinken, auf der Couch einkuscheln.
Es geht auch in die andere Richtung:
Diese eklig nasskalte Wetter macht mich depressiv.
Ich friere ständig.
Das Laub auf den Wegen ist glitschig.
Man kann fast nicht mehr rausgehen, weil es keinen Spaß macht. Man ist quasi zuhause gefangen.
Wie man es dreht und wendet – in die Plattitüdenfalle tappt man egal mit welcher Einstellung zum Herbst. Ich möchte mich trotzdem an der Verschriftlichung meiner Freude am Herbst versuchen.
Herbstblues? Nein danke!
Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, ich kenne nichts anderes als den Lauf der Jahreszeiten von Frühling, über Sommer und Herbst, zu Winter, zu Frühling. Die Regelmäßigkeit, in der ich mich „plötzlich“ in der nächsten Jahreszeit befinde, überfällt mich jedes Jahr aufs Neue. Der erste Duft von Frühling in der Nase, der erste laue Sommerabend, „plötzlich“ ist es lange hell, genauso „plötzlich“ ist es früh dunkel. Ich muss gestehen, mich amüsiert es, wie ich in eine Art Amnesie verfalle, sobald eine Jahreszeit vorüber ist. Und wenn im Folgejahr diese Jahreszeit wieder ansteht, ist alles wieder neu für mich, als hätte ich das noch nie in meinem Leben erlebt.
Vermutlich ist es genau das, was mich den Herbst toll finden lässt – genauso wie ich die anderen Jahreszeiten geradezu feiere: Ich freue mich über die Veränderung, mir macht es Spaß, durch Laubansammlungen auf dem Bürgersteig zu rascheln. Ich liebe es, mich dick einzupacken und einen Spaziergang zu machen.
Wenn mein Hund sprechen könnte, sie würde mir wahrscheinlich beipflichten. Sobald ich mit ihr unterwegs bin, gibt es an jeder Blätteransammlung etwas zu schnüffeln. Es muss ein ganz besonderer Geruch in der Luft liegen, den sie erschnuppert.
Ich wohne recht nahe am Berliner Grunewald. Dort befindet sich ein ausgewiesenes und sehr weitläufiges Hundeauslaufgebiet, welches ich regelmäßig mit Ella ansteuere. Unser letzter Spaziergang führte durch eine wunderschöne Herbstszenerie – die Wege waren voller Laub, rundherum leuchtete der Wald in den wärmsten Farben. Und Ella blickte sich auf ihrem Sprint in den Wald immer wieder strahlend zu mir um, als wolle sie mir sagen, wie sehr sie es genießt, mehr noch als im Sommer.
Was kann ich am Herbst also schlecht finden, wenn ich mich in der herbstlichen Natur so wohlfühle?
„Aber die ganzen Regenschauer, es ist nass, kalt, glitschig!“
Ja mei, bleib ich eben daheim! Ich bin ganz froh, wenn mich das Wetter auch mal zur Ruhe nötigt, zum friedlichen Dasein auf der Couch, zum Mittagsschläfchen, zum in-die-Decke-Einwickeln. Tatsächlich ist der Herbst immer die Zeit, in der ich das Häkeln wieder aufnehme und so die Stunden verbringe. Der Herbst entschleunigt mein Leben also tatsächlich etwas. Und dafür bin ich ihm dankbar.
Mein Fazit
Ich weigere mich, dem Herbst weniger als etwas Gutes abzugewinnen. Ich freue mich an allem, was mir der Herbst Neues bietet. Ich genieße die Entschleunigung. Ich liebe Kürbissuppe, und die passt nunmal perfekt in den Herbst. Ohne den Lauf der Jahreszeiten würde mir etwas fehlen, mit einer wettertechnischen Monotonie könnte ich nichts anfangen. Ich bin hier also genau richtig!